Projekt des Monats Oktober 2020

Black Box der Kaffeeextraktion wird geöffnet: Forschungsteam entwickelt Modell zur Optimierung der Kaffeezubereitung

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Viele Verbraucherinnen und Verbraucher starten ihren Tag mit einem klassischen Trennverfahren der Lebensmitteltechnologie: Mit einer Extraktion, in diesem Fall von Kaffee. Mit heißem Wasser, dem Extraktionsmittel, werden dabei Aroma- und Geschmacksstoffe aus dem gemahlenen Kaffee herausgelöst. Das Wasser mit den extrahierten Stoffen – das Kaffeegetränk – ist das Ergebnis dieser Kaffeeextraktion.

166 Liter Kaffee werden in Deutschland jährlich pro Kopf getrunken. Damit dessen Konsum ein Genuss wird, gibt es nicht nur zahlreiche Kaffeesorten und verschiedene Röstverfahren, sondern auch umfangreiche Einflussmöglichkeiten bei der Kaffeeextraktion: Neben einer großen Auswahl an Mühlen zur Zerkleinerung der Kaffeebohnen sind bereits viele Siebträgermaschinen sowie Vollautomaten für die Gastronomie und private Haushalte auf dem Markt, die eine dynamische Regelung der Extraktionstemperatur sowie des Wasserstroms bzw. -drucks ermöglichen – beste Voraussetzungen für einen perfekten Kaffee!

Doch die genauen Vorgänge bei der maschinellen Kaffeeextraktion sind derzeit noch eine Black Box: Herstellern von Kaffeemühlen und Kaffeemaschinen sowie von Röstkaffee fehlt es an geeignetem Prozesswissen, um die vorhandenen Einflussmöglichkeiten gezielt nutzen zu können. Im Ergebnis kann der Kaffee entweder über- oder unterextrahiert sein, d.h. es gehen zu viele oder zu wenige lösliche Stoffe in das Wasser über. Das kann entweder zu einem zu bitteren oder aber zu einem sehr dünnen, wässrigen Kaffee führen.

Licht in die Black Box der Kaffeeextraktion bringt nun ein Forschungsteam der TU München sowie des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) in Freising mit Unterstützung des Deutschen Kaffeeverbandes: Ziel des gemeinsamen Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) ist es, Zusammenhänge zwischen sensorischen Eindrücken und Steuergrößen wie Extraktionstemperatur, Strömungsgeschwindigkeit sowie Partikelgröße des gemahlenen Kaffees beim Brühvorgang zu identifizieren. Auf diesem Wege wird eine gezieltere, dynamische Steuerung der Kaffeeextraktion ermöglicht. Über ein mathematisches Prozessmodell sollen dabei Zusammenhänge zwischen Sensorik und Extraktionssteuerung vorhergesagt werden können, so dass die Qualität und die Charakteristika des finalen Getränks gezielt gesteuert werden können. In die Modellentwicklung fließen Messdaten ein, die mit einem speziell konstruierten Extraktionsaufbau und modernster Analytik erhoben werden. Zudem werden umfangreiche Verkostungen eines trainierten Sensorik-Panels durchgeführt. Dies alles wird dem Aroma und Geschmack des Kaffeegetränks zugute kommen.

Das Vorhaben schließt eine wichtige Lücke in der angewandten Kaffeeforschung: Es liefert hochrelevante Messdaten, die Hersteller von Kaffeemühlen und -maschinen nutzen können, um eine modellbasierte Regelung in ihren Produkten umsetzen zu können. Auch Hersteller von Kaffeepads und -kapseln werden auf Grundlage der Untersuchungen in die Lage versetzt, neuartige Designs ihrer Produkte zu entwickeln. Das gewonnene Know-how wird ebenso für Baristi und alle Unternehmen, die Kaffee zubereiten, von erheblichem Nutzen sein. Über 90 % der ca. 1000 Unternehmen der Kaffeebranche sind kleine und mittelständische Unternehmen, die besonders von den Ergebnissen dieses IGF-Projekts profitieren können.


Informationen zum IGF-Projekt AiF 20748 N "Modellgestützte Optimierung verfahrenstechnischer Aspekte bei der Kaffeeextraktion"

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

Förderhinweis
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