Projekt des Monats Mai 2023

Zero Waste bei der Herstellung von Käse und Tofu: Neues Verfahren zur Gewinnung von natürlichen Aromen und essentiellen Nährstoffen aus Nebenprodukten

Die Idee einer konsequenten Nutzung von Ressourcen in der Verarbeitung und Herstellung von Lebensmitteln ist nicht neu; im Sinne der Bioökonomie wird sie auch seit einigen Jahren wieder verstärkt umgesetzt. Dennoch werden weiterhin ernährungsphysiologisch wertvolle Nebenprodukte der Lebensmittelbe- und -verarbeitung zu hohen Anteilen kostenintensiv entsorgt oder nur als Tierfutter verwertet. Insbesondere bei flüssigen Nebenprodukten – wie Sauermolke aus der Frischkäseproduktion oder Sojaserum aus der Tofuproduktion – kann dieser Anteil bei über 50 % liegen.

Schon in einem durchschnittlichen mittelständischen Unternehmen, das Tofu produziert, können jährlich über 5.000 Tonnen Sojaserum anfallen. Vor dem Hintergrund, dass die Mengen der genannten Nebenprodukte innerhalb der letzten Jahre kontinuierlich gestiegen sind und sich allein in Europa auf ca. 4 Mio. Tonnen Trockenmasse jährlich belaufen, ist aus ökonomischer wie ökologischer Sicht ein Gegensteuern unerlässlich, um das hohe Potential dieser Ressourcen zu bergen.

Hier ist Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) gefragt! Im Rahmen eines IGF-Projekts des FEI arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hohenheim und der Technischen Universität München derzeit an einem neuen Verfahren, mit dem Sauermolke und Sojaserum als Wachstumssubstrat für eine Fermentation mit Basidiomyceten (Ständerpilzen) wertsteigernd genutzt werden kann: Daraus können natürliche Aromen sowie biofunktionelle Verbindungen wie Proteine, Vitamine und Ballaststoffe gewonnen werden.

Während die mikrobielle Fermentation mit Mikroorganismen wegen des niedrigen pH-Wertes von Sauermolke und Sojaserum kaum möglich ist, kommen Basidiomyceten mit solchen Milieubedingungen hervorragend zurecht: In Vorversuchen konnte gezeigt werden, dass ausgewählte Basidiomyceten Sauermolke und Sojaserum als Wachstumssubstrate schätzen, sie gut wachsen und dabei hochwertige Aromastoffe sowie Nährstoffe für die menschliche Ernährung bilden. Darüber hinaus kann das Basidiomyceten-Myzel sowie der Fruchtkörper des Ständerpilzes nach der Fermentation direkt als Proteinquelle genutzt werden – der Eiweißgehalt kann sich dabei mit dem von Fleischprodukten messen.

Aufbauend auf diesen Vorversuchen soll ein Upcycling-Verfahren der Nebenströme Sauermolke und Sojaserum entwickelt werden, der im Anschluss an die Basidiomyceten-basierte Fermentation einen Downstream-Prozess zur Gewinnung von Aromaextrakten, Proteinfraktionen und weiteren biofunktionellen Verbindungen umfasst. Die im Prozess erzielten Produkte können bestenfalls komplett in die Lebensmittelindustrie zurückgeführt werden, so dass im Sinne einer Zero-Waste-Strategie gehandelt werden kann. Auch vor dem Hintergrund einer kontinuierlich wachsenden Weltbevölkerung und der dafür benötigten Menge an Lebensmitteln ist es essentiell, solche Upcycling-Verfahren zu entwickeln, mit denen insbesondere neuartige Proteinquellen mit geringem Rohstoff- und Energieeinsatz erschlossen werden können.

In den letzten Jahren wurden in Deutschland zahlreiche Lebensmittel-Start-ups gegründet, die pflanzenbasierte Drinks und Proteinprodukte herstellen – und der Trend hält an. Damit wächst auch der Anteil von kleinen und mittelständischen Unternehmen in dieser Branche, die von den Ergebnissen profitieren können. Das Upcycling-Verfahren hat Modellcharakter und soll nach Überprüfung der Machbarkeit auf weitere flüssige Nebenströme aus der Lebensmittelproduktion – wie Erbsenserum aus der Herstellung von Milchersatzprodukten oder Mutterlauge aus der Laktoseherstellung – übertragen werden.

Informationen zum IGF-Projekt AiF 22540 N "Verwertung von weitgehend ungenutzter Sauermolke und ungenutztem Sojaserum in einem Basidiomyceten-vermittelten Bioprozess zur Gewinnung von wertsteigernden natürlichen Aromen und Mycoproteinen"

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

Förderhinweis
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