Projekt des Monats Februar 2023

Mehr Abwechslung im Brotkorb mit Spezialitäten aus Dinkel und Emmer: Forschungsteam schafft wissenschaftliche Grundlagen zur Verbesserung der Backeigenschaften

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Alte Brotgetreidearten wie Dinkel und Emmer erleben seit einigen Jahren eine Renaissance. Vor allem Dinkel: Der enge Verwandte des heutigen Weichweizens bleibt zwar im Ertrag hinter dem Weizen zurück, er verträgt jedoch ein raueres Klima, ist resistenter gegen Krankheiten und bedarf, ebenso wie Emmer, weniger Düngung. Emmer verleiht insbesondere Vollkornbackwaren einen herzhaften und leicht nussigen Geschmack. Beide „Urgetreide“ schaffen im Brotkorb mehr Abwechslung und sind wohlschmeckende Alternativen.

Doch sowohl Dinkel als auch Emmer stellen Bäckereien jeder Größe stets vor die Herausforderung, dass ihre Mehle deutlich schwieriger zu verarbeiten sind als Weizenmehl, denn sie bilden sehr weiche und klebrige Teige. Für die Verarbeitungseigenschaften und die Backqualität aller drei Mehle ist vor allem das Speicherprotein Gluten verantwortlich. Es bildet während des „Anteigens“ ein Netzwerk, indem sich Glutenproteine durch Disulfidbrücken verbinden. Dadurch kann Wasser im Teig gebunden und Gas während des Backens zurückgehalten werden – Zeichen einer guten Verarbeitbarkeit.

Nicht nur Menge und Zusammensetzung des Glutens bestimmen die Bildung des Glutennetzwerks; auch zahlreiche weitere Inhaltsstoffe des Getreides – wie die freien Thiole Cystein und Glutathion – und technologische Faktoren wie die Drehzahl beim Kneten haben Einfluss darauf, ebenso eingesetzte Backhilfsmittel wie Ascorbinsäure (Vitamin C). Dieser Wirkmechanismus ist bei Weizenmehlen auf molekularer Ebene weitestgehend erforscht. Auch in technologischer Hinsicht ist ein breites Wissen für die Verarbeitung von Weizen vorhanden. Im Gegensatz dazu sind nur sehr wenige entsprechende Studien für den Einsatz von Dinkel und Emmer verfügbar.

Dies will ein Forschungsteam der Abteilung für Bioaktive und Funktionelle Lebensmittelinhaltsstoffe am Karlsruher Institut für Technologie mit den Ergebnissen eines Vorhabens der Industriellen Gemeinschaftsforschung ändern: Ziel ist es, zunächst die Gründe für die schlechteren Teig- und Backeigenschaften von Dinkel und Emmer im Vergleich zu Weizen durch Untersuchung der Thiol-/Disulfid-Wechselwirkungen während der Teigbereitung aufzuklären. Die Aufklärung dieser Mechanismen soll genutzt werden, um die schlechtere Backqualität zu verstehen – und zu verbessern: Durch den Einsatz von enzymatischen und chemischen Backhilfsmitteln, durch eine angepasste Teigführung und durch den Einsatz von Sauerteigen sollen die Wechselwirkungen gezielt beeinflusst werden.

Für die Untersuchungen und die Backversuche wurden bereits aus über 60 Dinkel- sowie 14 Emmersorten von verschiedenen Standorten je drei Dinkel- und je zwei Emmersorten mit guten, mittleren und schlechten Backeigenschaften ausgewählt, um verschiedene Sorten bei gleichen Bedingungen vergleichen und die Analysenergebnisse mit Backeigenschaften in Korrelation setzen zu können.

Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) wie Handwerksbäckereien sind die Ergebnisse des IGF-Projekts von besonderem Interesse, da sie bei kleineren Chargen deutlich flexibler eine Sauerteigführung oder lange Gärzeiten anwenden können und so ihr Angebot an Premium-Produkten schneller ausbauen können. Auch mittelständische Mühlen und Hersteller von Backzutaten können von der kontinuierlich steigenden Nachfrage nach Spezialitäten im Backwarenbereich aus Dinkel und Emmer erheblich profitieren.

Informationen zum IGF-Projekt AiF 21944 N "Aufklärung der molekularen Struktur des Glutennetzwerks von Dinkel und Emmer als Grundlage zur Verbesserung der Teigeigenschaften"

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

Förderhinweis
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