Projekt des Monats Juni 2022

Vorrang für den Verbraucherschutz! Forschungsteam entwickelt Strategien zur gezielten Minimierung des Acrylamid-Gehalts in Backwarenspezialitäten

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Vor 20 Jahren wurde Acrylamid erstmalig in Lebensmitteln nachgewiesen. Seitdem ist dank intensiver Forschung sehr viel passiert, um die beim Braten, Backen oder Rösten von Lebensmitteln entstehende Prozesskontaminante, deren genotoxische und kanzerogene Wirkung in Tierversuchen nachgewiesen ist, auf ein Minimum zu reduzieren: Interdisziplinär und branchenübergreifend wurden Minimierungsansätze erarbeitet und den Herstellern aus Industrie und Handwerk ein Bündel an Maßnahmen an die Hand gegeben, so dass der Acrylamid-Gehalt von Lebensmitteln in breitem Umfang gesenkt werden konnte.

Dabei standen bei Backwaren bislang insbesondere klassische Brote aus Getreide im Fokus der Minimierungsmaßnahmen – weniger solche mit Spezialzutaten wie Kartoffeln, Karotten, Oliven, Röstzwiebeln oder grünem Gemüse wie Grünkohl oder Brokkoli. Doch gerade diese veredelten Produkte erfreuen sich zunehmender Beliebtheit – und vor allem diese Spezialzutaten können die Acrylamid-Bildung begünstigen. Denn für die Bildung von Acrylamid wird vorrangig die Aminosäure Asparagin in Reaktion mit reduzierenden Zuckern wie Glukose oder Fruktose sowie Temperaturen über 120 Grad Celsius und ein geringer Wassergehalt benötigt: Besonders Kartoffeln weisen hohe Gehalte an Asparagin, Glukose und Fruktose auf; andere Spezialzutaten wie Oliven können über Glycerolpräkursoren zur Bildung von Acrylamid beitragen. So zeigte sich in Vorversuchen, dass bei den mit Spezialzutaten veredelten Broten die in der EU geltenden Richtwerte für Acrylamid deutlich überschritten werden.

Große wie kleine Bäckereien stehen deshalb vor der Herausforderung, für ein breites Produktportfolio von Backwarenspezialitäten wie Kartoffelbrot oder Oliven-Focaccia die festgelegten Acrylamid-Richtwerte einhalten zu müssen. Aktuell werden rund 100.000 Tonnen mit Spezialzutaten veredelte Backwaren produziert – mit steigender Tendenz.

Hier setzt ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) an: Ziel des Forschungsteams der Universität Hohenheim und des Instituts für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU) (https://www.fei-bonn.de/fei-netzwerk/forschungsinstitute/institut-fuer-lebensmittel-und-umweltforschung-e.v.-ilu-.785-39935-43214.institut) in Bad Belzig ist es, zunächst die Bildung von Acrylamid unter Anwesenheit verschiedener pflanzlicher Spezialzutaten in einer Modellkruste aufzuklären. Diese Erkenntnisse sollen die Basis für materialangepasste Prozessoptimierungen bilden, die in technologische Maßnahmen zur Minimierung von Acrylamid für verschiedene Backwarenspezialitäten münden. Dabei setzt das Forschungsteam unter anderem auf eine erhöhte Wasserverfügbarkeit in Teigen während des Backprozesses.

Im Rahmen ihrer Untersuchungen werden die Wissenschaftler von 15 Unternehmen beraten; darunter sind allein 8 kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Insbesondere für KMU – die die Backbranche besonders durch zahlreiche Handwerksbetriebe prägen – sind die aus dem Projekt resultierenden Minimierungsstrategien für Acrylamid von hoher Relevanz, da sie nicht über die notwendigen apparativen und personellen Ressourcen für die Durchführung derartiger Untersuchungen verfügen. Auch Backzutatenhersteller, Getreidemühlen, Verarbeiter von Spezialzutaten und nicht zuletzt die gesamte Backwarenbranche werden von den Erkenntnissen profitieren können.


Informationen zum IGF-Projekt AiF 22209 BG "Technologische Minimierungsstrategien von Acrylamid in Backwaren mit pflanzlichen Spezialzutaten" (https://www.fei-bonn.de/gefoerderte-projekte/projektdatenbank/22209-bg.projekt)


... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

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