Projekt des Monats August 2018

Für besseren Weingenuss: Internationales Forscherteam entwickelt Doppelstrategie zur Verringerung von Essigsäure in Most und Wein

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Essigsäure kommt natürlicherweise in jedem Wein vor. Bei kräftigen Rotweinen kann sich ein gewisses Maß der flüchtigen Säure sogar positiv auswirken, indem sie die Komplexität des Weines verstärkt. Doch bei Weißweinen wird ein Essigsäuregehalt bereits ab 0,5 g/L als Fehlaroma wahrgenommen, bei leichten Rotweinen ab 0,6 g/L. Auch unterhalb dieser Werte kann Essigsäure, je nach Rebsorte, als störend wahrgenommen werden und kann zudem die Sortenaromatik eines Weines maskieren.

Im Prozess der Weinbereitung wird Essigsäure bereits im Lesegut, vor allem durch Essigsäurebakterien der Gattungen Acetobacter und Gluconobacter, gebildet. Unter anderem bedingt durch den Klimawandel und die dadurch veränderte Trauben- und Mostzusammensetzung sowie die Ausbreitung der Kirschessigfliege ist das Auftreten erhöhter Essisäuregehalte in Most und Wein in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus gerückt. Zudem ist, neben der Essigsäure als solche, vor allem Ethylacetat als Folgeprodukt problematisch, da es bereits in niedrigen Konzentrationen im Wein als sensorisch besonders auffällige – an Lösungsmittel erinnernde – Fehlnote erkannt wird.

Für Weinerzeuger ist die Essigsäureproblematik also bereits deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte für Essigsäure von 1,08 g/L für Weiß- bzw. 1,2 g/L für Rotweine von Relevanz. Doch mangels eigener Forschungsressourcen können Weinbaubetriebe der Problematik bisher nicht strategisch begegnen und müssen Qualitätsminderungen durch Essig- und Ethylacetatfehlnoten bis hin zum Verlust der Verkehrsfähigkeit der Weine in Kauf nehmen. Die wirtschaftlichen Verluste für die deutsche Weinbranche werden auf 2-5 Mio. Euro p.a. geschätzt.

Ein Fall für die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF): Wissenschaftler aus Neustadt a.d. Weinstraße und Nyon (Schweiz) entwickeln gemeinsam eine modifizierte Gärführung, mit der sie den Essigsäuregehalt in Most und Wein erheblich reduzieren wollen. Hierzu setzen sie innovative mikrobiologisch-technische Strategien wie die Fed-Batch-Gärung ein, mit der unter strenger Kontrolle der gewünschten Parameter der Weinmost gezielter vergoren werden kann. Zudem wollen die Wissenschaftler solche Weinhefestämme selektieren, die unter bestimmten Gärbedingungen Essigsäure abbauen können. Die Erforschung der molekularbiologischen Grundlagen sollen helfen, die bisher weitestgehend unbekannten komplexen Faktoren und Randbedingungen zu verstehen, um einen stabilen Essigsäureabbau herbeizuführen.

Vor allem den 18.700 Weinbaubetrieben in Deutschland – in der Mehrzahl kleine Familienbetriebe – werden damit erstmalig Strategien an die Hand gegeben, durch eine modifizierte Gärführung sowie durch ausgewählte Hefestämme problematische Essigsäuregehalte im Endprodukt zu vermeiden. Neben diesen Betrieben werden von den Projektergebnissen auch Hersteller von Anlagen profitieren können. Anbieter von Reinzuchthefen können anhand der molekularbiologischen Marker zudem besser auf die Anforderungen der Weinerzeuger reagieren und entsprechende Produkte entwickeln bzw. vermarkten.


Informationen zum IGF-Projekt AiF 18907 N "Verringerung der Essigsäure in Traubenmost und Wein durch Anwendung mikrobiologisch-technischer Verfahren" (https://www.fei-bonn.de/gefoerderte-projekte/projektdatenbank/aif-18907-n.projekt)


... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

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