Projekt des Monats Juni 2016

Kleine Kristalle – großer Genuss: Wissenschaftler suchen nach Möglichkeiten zur Steigerung und Erhaltung der Speiseeisqualität

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Der Genuss von Speiseeis ist vor allem dann groß, wenn die im Speiseeis enthaltenen Eiskristalle klein sind: Diese Korrelation kennen auch Hobby-Eismacher, in deren Speiseeis die Eiskristalle schnell zu groß werden – eine ganz normale Erscheinung beim Härtungsvorgang, bei dem die Eiskristalle die Neigung haben, zu wachsen.

Das ist bei industriell gefertigtem Speiseeis nicht anders. Zwar wird Speiseeis in Deutschland auf einem sehr hohen Qualitätsniveau gefertigt. Doch während des Transports und der Lagerung kann es zu unerwünschten Veränderungen kommen, auf die die Hersteller keinen Einfluss mehr haben. So kommt es beispielsweise auf dem Weg vom Supermarkt bis in die heimische Tiefkühltruhe zu Temperaturschwankungen. Schmilzt dadurch das Eis zu stark, wachsen beim erneuten Einfrieren die Eiskristalle, die ab einer bestimmten Größe zu einem eisigen, sandigen Mundgefühl führen – solche Qualitätseinbußen möchte kein Eishersteller mit seinem Namen verbunden wissen. Die Anforderungen an die Aufrechterhaltung der Produkteigenschaften während des Transports und der Lagerung sind daher hoch, eine Lösung der Problematik für die Hersteller bislang jedoch kaum in Sicht.

Das wird sich nun ändern: Im Rahmen eines aktuellen FEI-Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung suchen Quakenbrücker Wissenschaftler nach Möglichkeiten, wie das Wachstum von Eiskristallen auch unter ungünstigen Bedingungen reduziert und im besten Falle ganz verhindert werden kann. Grundidee ist die Schaffung von Mikro-Sperrschichten, die beim Härtungsvorgang das Kristallwachstum verhindern. Dies ist zum einen durch netzwerkbildende Stabilisatoren möglich, zum anderen durch eisstrukturierende Proteine (ESP) pflanzlicher oder tierischer Herkunft, die das Eiskristallwachstum durch unterschiedliche Mechanismen hemmen. Dabei beeinflussen Stabilisatornetzwerke die Diffusion von Wasser durch Viskositätsbarrieren; ESP wiederum verhindern die Einlagerung von Wassermolekülen in das Kristallgitter an der Kristalloberfläche.

Offen sind bislang die Wirkungsmechanismen unter speiseeistypischen Milieubedingungen. Ebenso noch ungeklärt ist die Frage, inwiefern Zucker, Fett und Emulgatoren die Strukturbildungsprozesse von Mikro-Sperrschichten verändern. Im Rahmen der Forschungsarbeiten werden außerdem rezepturtechnische Lösungen entwickelt, um die geschilderten Qualitätsverluste bei Speiseeis während des Transports und der Lagerung zu verhindern. Zudem sollen die neuen Erkenntnisse dazu führen, Rezepturen mit einem verringerten Fett- und Zuckergehalt zu entwickeln – unter Beibehaltung eines optimalen Mundgefühls.

Das wirtschaftliche Potential des Projektes ist hoch: Die Ergebnisse eröffnen den Produzenten die Chance, langfristig ihre Stellung im Wettbewerb zu verbessern – zum einen durch eine Optimierung der Produktqualität, zum anderen durch eine Reduzierung der Produktions-, Transport- und Lagerkosten. Und: Verbraucher können ihr Speiseeis weiterhin hundertprozentig genießen – auch, wenn es mal zu Temperaturschwankungen kommt.

Informationen zum Projekt AiF 18268 N "Multifunktionale Mikrogelnetzwerke und eisstrukturierende Proteine zur Steigerung und Erhaltung der Speiseeisqualität"



... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

Förderhinweis
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