Allergene ade! Forscher entwickeln Verfahren zur Vermeidung allergieauslösender Rückstände in Wein


Ob aus ökologischer oder konventioneller Produktion: Um einen klaren und haltbaren Wein herzustellen, wird er geschönt, und das schon seit Jahrhunderten.
Das Schönen dient dazu, den Wein optisch, geruchlich oder geschmacklich zu verbessern. Dazu werden dem Wein tonhaltige oder eiweißhaltige Substanzen hinzugefügt, so dass natürlich vorhandene, jedoch unerwünschte Substanzen wie Polyphenole, Polypeptide und Polysaccharide durch Oberflächenanziehung oder Flockenbildung gebunden werden und sich so leicht aus dem Wein entfernen lassen. So wird der Wein klar und „schön“; ebenfalls wird damit ein bakterieller Verderb und ein biologischer Säureabbau verhindert. Neben anorganischen Weinbehandlungs- bzw. Schönungsmitteln wie Bentonit oder Kieselsol werden bevorzugt organische Stoffe wie Kasein aus der Kuhmilch sowie Ovalbumin und Lysozym aus Hühnereiweiß eingesetzt.
Die nach den weingesetzlichen Reinheitsanforderungen zugelassenen Schönungsmittel sind lebensmittelrechtlich keine Zusatzstoffe, sondern Verarbeitungshilfsstoffe, also Stoffe, die bei der Verarbeitung von Lebensmitteln aus technologischen Gründen eingesetzt und wieder entfernt werden. Eventuell unbeabsichtigt vorhandene, technisch unvermeidbare Schönungsmittelrückstände beeinträchtigen weder Geschmack noch Hygiene des Weins. Da die eiweißhaltigen Schönungsmittel Kasein und Ovalbumin jedoch Allergien auslösen können, sollten alle Weine, die mit ihnen geschönt wurden, EU-weit seit 2012 einen entsprechenden Hinweis auf dem Etikett enthalten – egal, ob im Wein Rückstände nachweisbar sind oder nicht, so dieVorgabe. Doch Rückstände von Stoffen zu deklarieren, die im Wein nicht nachweisbar sind, wäre ein widersinniger Etikettenschwindel!
  • Sicherer Weingenuss


    Um sowohl Allergikern einen sicheren Weingenuss zu ermöglichen als auch Winzer in die Lage zu versetzen, Weine ohne Spuren von allergenen Schönungsmitteln herzustellen und diese korrekt zu etikettieren, initiierte der Deutsche Weinbauverband ein entsprechendes Gemeinschaftsforschungsprojekt über den FEI. Die drei Forschergruppen von der Universität Hamburg, der Hochschule Geisenheim und der Technischen Universität München hatten zum Ziel, technologische Verfahren zu entwickeln, die die Herstellung von hochwertigen Weinen ohne nachweisbare allergieauslösende Rückstände ermöglichen sollten.

    Zusätzlich sollten alternative Schönungsmittel eingesetzt und deren Wirkung untersucht werden. Alle Ergebnisse sollten ferner analytisch kontrolliert sowie klinisch an Allergie-Patienten abgesichert werden.
    Die umfangreichen Versuche wurden sowohl mit Weißweinen verschiedener Rebsorten (Müller-Thurgau, Riesling und ein Weißwein-Cuvée) als auch mit verschiedenen Rotweinen (Regent, Sangiovese, Spätburgunder und ein Rotwein-Cuvée) durchgeführt. Als alternative Schönungsmittel zu den Milch- und Eiproteinen wurden Schönungsmittel pflanzlicher Herkunft (Erbsen- und Kartoffelproteine) eingesetzt. Zur Sicherheit wurden die Weine mit Schönungsmitteln in üblicher, maximaler und doppelt-maximaler Konzentration geschönt, um mögliche Überdosierungen als Worst-Case-Szenario zu simulieren.
  • Bereits im Markt etabliert


    Neben dem Einsatz von alternativen organischen sowie anorganischen Schönungsmitteln erfolgte die Abreicherung mittels verschiedener Filtrations-, Separations- und Pasteurisationstechniken: Filtrationstechniken mit Porendurchmessern von ≤ 45 μm sowie Sterilfiltrationen führten dazu, dass Kasein und Ovalbumin in bei üblicher Dosis behandelten Weinen nicht mehr nachzuweisen waren. Parallel wurden hierzu hochempfindliche immunologische ELISA-Nachweismethoden zur Detektion von Kasein, Ovalbumin und Lysozym entwickelt, die bereits erfolgreich im Markt etabliert werden konnten.
    Die Unbedenklichkeit der Weine wurde durch klinische Untersuchungen bestätigt: Keiner der getesteten zehn Patienten, die Milch- und/oder Eiallergiker waren, zeigte bei einem Haut- Pricktest und einer doppelblind placebo-kontrollierter Lebensmitteltestung (DBPCFC) eine allergische Reaktion.
  • Ermöglicht korrekte Kennzeichnung



    Im Ergebnis des Vorhabens sind damit den weinherstellenden Betrieben Methoden guter Herstellungspraxis sowie ELISA-Nachweismethoden an die Hand gegeben worden, bei deren Einhaltung und Einsatz rückstandsfreie Weine gewährleistet werden können und somit auch keine Kennzeichnung der bei der Weinherstellung verwendeten kennzeichnungspflichtigen Allergene notwendig ist. Von den Ergebnissen profitieren sowohl Verbraucher als auch die gesamte Weinwirtschaft: Darunter nicht nur die ca. 70.000 Trauben- und Weinproduzenten in Deutschland, bei denen es sich überwiegend um kleinere Winzerbetriebe oder mittelständische Weinhersteller handelt, sondern auch Dienstleister und Zulieferer aus deren Umfeld. Auch international sind die wegweisende Ergebnisse gefragt: Sie haben Eingang in den internationalen „Leitfaden zur guten Praxis in der Weinschönung bei Verwendung von proteinhaltigen (allergenen) Schönungsmitteln (Kasein und Ovalbumin)“ gefunden, der in Kürze vom Internationalen Weinamt in Paris (OIV) veröffentlicht werden wird.

  • Projektbeteiligte





Forschungsvorhaben AiF 16330 N "Reduktion des Gehaltes allergener Weinbehandlungsmittel im Endprodukt Wein durch technologische Verarbeitung"

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

Förderhinweis