Mehr Effizienz in der Backstube, mehr Qualität beim Verbraucher: Innovative Ultraschall-Methode ermöglicht bessere Prozesskontrolle in der Teigverarbeitung

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Gern sagen Bäcker, dass mancher Teig so launisch und unberechenbar sei „wie eine Diva“. Das bezieht sich auch auf die innere Struktur eines Teiges: Die durch Kneten und Gären im Teig entstehenden Gasbläschen verteilen sich häufig nicht gleichmäßig im Teig – oder es bilden sich zu viele oder zu wenige, zu große oder zu kleine Gasbläschen aus. Eben unberechenbar.
Vor allem die Menge und Verteilung von Gasbläschen im Teig – die Dichte und Porosität – legen den Grundstein für die spätere Qualität der Backware, die wohlriechend, aromatisch und von angenehmer Textur sein soll. Auch die Optik der Porung ist entscheidend; sie wird, je nach Produkt, unterschiedlich erwünscht: So ist die Porung im Ciabatta eher ungleichmäßig und grob, im klassischen Roggenmischbrot dagegen gleichmäßiger und feiner. Nicht zuletzt hat die Porosität auch einen großen Einfluss auf die gleichmäßige Portionierfähigkeit der Teige.
Die Launigkeit des Teiges kann sowohl Handwerks- als auch Großbäckereien einen Strich durch die Rechnung machen: Qualitäts- und Gewichtsschwankungen der fertigen Backwaren sind eine mögliche Folge. Werden diese bereits direkt nach dem Backen erkannt, sind die Backwaren „nur“ Ausschussware, deren Herstellung und Entsorgung jedoch bereits hohe Kosten verursacht. Gelangen Backwaren, die nicht den gewünschten Qualitätskriterien entsprechen, zum Kunden, führt dies zu ungleich höheren Kosten sowie zu Imageschäden.
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  • Qualitätsentscheidend


    Ob im handwerklichen Batch-Prozess oder in der kontinuierlichen industriellen Herstellung: Die Dichte und Porosität von Teigen sind entscheidende Kriterien für die spätere Qualität der Backwaren. Eine entsprechende Analyse von Teigen in einem früheren Stadium – also vor dem Backen – wäre daher von immensem Vorteil, sowohl für Backwarenbetriebe als auch für deren Kunden.
    Vor diesem Hintergrund begannen Wissenschaftler der Technischen Universität München 2012 die Arbeiten an einem Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung, das über den FEI bis 2014 gefördert wurde. Ziel des Projekts war die Entwicklung und Validierung einer Dichtemessmethode von Weizenteig auf der Basis von Ultraschall. Diese Methode musste nicht nur an ruhenden Teiglingen, sondern auch bei der kontinuierlichen Förderung von Weizenteiglingen in der Lage sein, die Dichte exakt zu bestimmen.
  • Ultraschall im Einsatz und Vergleich


    Ultraschallbasierte Überwachung der Teigbereitung
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    Zu Beginn fertigten die Forscher einen Ultraschall-Versuchsstand an, der eine schnelle und unkomplizierte Vermessung von Teigen gewährleistete. Zur Übertragung des Ultraschallsignals in den Teig wurden verschiedene Kontaktmittel (Öle, Gele und Wasser) erprobt und eine adäquate Software zur Aufzeichnung der Signale entworfen.
    Die Ergebnisse der Dichte- und Porositätsmessung von Standardteig mittels Ultraschall wurden daraufhin mit vier verschiedenen Referenzmethoden überprüft und validiert: Hier kamen die Röntgen-Mikrocomputertomographie, die Konfokale Lasermikroskopie, die 3D-Tomographie und die klassische Verdrängungsmethode zum Einsatz.
    Basierend darauf entwickelten die Wissenschaftler einen Algorithmus, der die während der Messungen aufgezeichneten Ultraschallsignale auswertete. Der Algorithmus war in der Lage, das reflektierte Ultraschallsignal von Störungen zu separieren und daraus die Teigdichte zu berechnen. Insbesondere im Vergleich mit der Mikrocomputertomographie und der Verdrängungsmethode zeigten die Ergebnisse eindeutig, dass die Ultraschallmethode geeignet ist, die Dichte von Weizenteigen zu bestimmen.
    Im nächsten Schritt wurden Rezepturen bzw. Fett-, Hefe- oder Wassermengen verändert. Zudem wurden unabhängig von der Rezeptur Knetparameter wie Zeit und Geschwindigkeit, die Teigtemperatur und die Dauer der Gare variiert, um deren Einfluss auf die Teigdichte und -porosität herauszuarbeiten. Die Teige wurden dabei jeweils mittels Ultraschall sowie mit den Referenzmethoden untersucht. Es konnten signifikante Einflüsse der jeweiligen Parameter aufgezeigt wurden: Hefemenge und Knethakengeschwindigkeit hatten jeweils den größten Einfluss auf die Veränderung der Teigdichte sowie -porosität. Backversuche zeigten, dass Unterschiede in der Teigdichte und -porosität auch durch weitere Bearbeitung bis zum Stadium der fertigen Backwaren bestehen bleiben. Der Ultraschallauswertealgorithmus konnte optimiert und an die Gegebenheiten veränderter Rezepturen und Teigherstellungsbedingungen angepasst werden.
  • Auch im Konti-Betrieb einsetzbar


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    Zum Abschluss wurde der Algorithmus so ausgelegt, dass er in der Lage war, Teig im kontinuierlichen Teigförderprozess zu evaluieren. Es zeigte sich, dass der am Förderband befindliche Ultraschallsensor Messergebnisse mit einem Fehler von maximal 2,19 % erzeugte. Bisherige Dichtebestimmungen in der Backbranche erfolgten bislang entweder gar nicht oder nur gravimetrisch, doch diese Methode weist Fehler von bis zu 18 % auf.
    Als Kontaktmittel zwischen Teigling und Förderband erwies sich im Konti-Betrieb Wasser als am geeignetsten, da die Fehlermaße mit Wasser am geringsten waren.
    Mit den Ergebnissen der Forschungsarbeiten konnte gezeigt werden, dass eine Analyse von Dichte und Porosität von ruhendem sowie nichtruhendem Weizenteig mittels Ultraschall auch unter Praxisbedingungen funktioniert. Einem zügigen Einsatz dieser innovativen, nicht-invasiven Messmethode steht damit nichts mehr im Wege. Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus können die Technik umgehend in neue oder bereits bestehende Anlagen integrieren. Da die für den Ultraschallsensor benötigten Bauteile frei am Markt verfügbar sowie erschwinglich sind und der Einbau leicht realisierbar ist, ist der Anreiz auch für kleine und mittlere Unternehmen gegeben, die Ultraschallmethode ab sofort zur Bewertung der Produktqualität einzusetzen.
  • Fehlproduktionen frühzeitig erkennen


    Sowohl bei Handwerks- und Großbäckereien als auch bei allen Lebensmittelherstellern, die Teige verarbeiten, liegt der immense Vorteil des Ultraschallverfahrens darin, Fehlproduktion frühzeitig erkennen und somit Ausschuss vermeiden zu können. Die Integration der Technik in verschiedene Stadien der Teigverarbeitung eignet sich jedoch nicht nur zur Kontrolle, sondern auch zur Regelung des Prozesses: So können bei der kontinuierlichen Herstellung von Teig die Ultraschallmessergebnisse auch als Stellgröße zur Ansteuerung eines nachgeschalteten Teigteilers dienen.
    Die Ultraschallanalyse ist grundsätzlich auch in anderen Branchen wie der Süßwaren- oder der Milchindustrie einsetzbar: Hierzu ist es lediglich nötig, den Algorithmus auf beispielsweise Schokolade oder Käse – oder weitere Produkte mit viskoelastischen Eigenschaften während der Verarbeitung – anzupassen.
    Ultraschallbasierte Überwachung von Teigen auf dem Förderband
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  • Projektbeteiligte


    Forschungsstelle:
    • Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW), Lehrstuhl für Brau- und Getreidetechnologie (https://www.fei-bonn.de/fei-netzwerk/forschungsinstitute/lehrstuhl-fuer-brau-und-getraenketechnologie.544-43914-44671.institut)

    Industriegruppe:
    • Verband Deutscher Großbäckereien e.V., Düsseldorf (https://www.fei-bonn.de/fei-netzwerk/wirtschaftsverbaende/mv-grossbaeckereien.40108.verband)

    (Stand: Juni 2015)




Forschungsvorhaben AiF 17480 N "Analyse von Porenanteil und Dichte in getreidebasierten Teigen zur Bewertung der Produktqualität" (https://www.fei-bonn.de/gefoerderte-projekte/projektdatenbank/aif-17480-n.projekt)

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)


Förderhinweis